Reges Treiben in unseren Nistkästen draußen

Unsere ersten Blaumeisenkinder - und ein böser Unfall

2016 – das erste Jahr Blaumeisenbrut!
Ganze 9 Blaumeisenkinder erschienen nacheinander am Ausgang des Nistkastens. Wie am Fließband! Und so viele!
Es waren so viele, dass wegen Platzmangel im Kasten am Tag zuvor auch schon 2-4 Meislein ausflogen. Wie haben nur die Eltern so viele Schnäbel satt bekommen? Das ist immer wieder ein Wunder.

Im anderen Nistkasten an der Haustür hat ein Kohlmeisenpaar ebenfalls erfolgreich Junge aufgezogen; hier konnten wir nicht mitzählen – es müssen so 4-5 Kleine gewesen sein.

Doch kein Jahr ohne Verluste… Die nächste Brut in genau demselben Kasten – wieder Kohlmeisen, aber ein anderes Paar – fiel in die Zeit, als es hier wochenlang regnete. Schon bei den Vorgängermeisen war das Wetter teilweise schlecht und schwierig für die Vögel, Insekten zu finden. Ich legte ihnen täglich Pinkies auf der Terrasse aus, die beide Meisen dankbar annahmen und sofort ihren Jungen brachten. Einmal zählte ich 9 Pinkies gleichzeitig aufgereiht im Schnabel von Mutter Kohlmeise!

Auch bei der zweiten Kohlmeisenbrut fütterte ich zu und bot ihnen an allen möglichen Plätzen Pinkies an. Wir beobachteten, wie sich ein Hausrotschwanz daran erfreute. Eine Meise jedoch sahen wir nicht. Vermutlich war diese zweite Kohlmeise auch alleine am Füttern; sie flog ihren Kasten weit weniger an als ihre Vorgängerin.

Irgendwann spürte ich, dass etwas nicht stimmt. Als wir in den Kasten schauten, fanden wir 4 Küken vor, tot, verhungert, nur aus Haut und Knöchelchen bestehend. Das war gleich doppelt furchtbar, da unser Gefrierschrank voller Insekten ist und das nicht hätte geschehen müssen. Hätte die Meise unsere Pinkies angenommen, wäre die ganze Brut trotz nur einem fütternden Elternteil durchgekommen.

Und dann hatten wir ein unentschlossenes Hausrotschwänzchen, das seit Wochen um eine unserer Halbhöhlen herumschlich, manchmal tagelang darin verbrachte, dann wieder nicht… auch dieser Vogel schien ein Einzelvogel zu sein, dem der Partner fehlt. Es lagen keine Eier im Nest… dann plötzlich doch! Aber nach 3 Eiern wurde die Brut aufgegeben. Der Vogel kam noch ab und zu vorbei, allerdings ohne Interesse an seinen Eiern. Ob sein Instinkt ihm gesagt hat, dass er es alleine nicht schaffen wird?
In diesem Jahr dachten wir auch, es gäbe keine Notfälle von außen. Dann schneiten uns aber gleich zwei davon ins Haus: Zuerst ein aus einem sehr hohen Nest gefallenes Hausrotschwanzkind, dann kurz darauf ein Weiteres, aus einem Katzenmaul gerettet, verletzt und sehr schwach. Der Schluckreflex begann bereits zu versagen und das Antibiotikum, welches ein Vogel immer sofort benötigt, auch wenn er nur kurzen Kontakt mit hochgefährlichem Katzenspeichel hatte, muss scheußlich schmecken und wurde immer wieder ausgespuckt.

Mit sehr viel Geduld und Liebe brachten wir auch dieses Kleine über den Berg, und die Zwei konnten wie Geschwister aufwachsen. Der Kleinere schaute von dem Größeren ab, und nachts schliefen sie aneinandergekuschelt in einer Lieblingsecke der Voliere.

Dann kam der Tag der Auswilderung. Das Größere der beiden genoss sofort die neue Freiheit, flog umher und blieb auch gleich längere Zeit fort. Das Kleinere folgte seinem Freund. Aber während der Größere nur selten und nur ganz kurz vorbeischaute, kam der Kleinere hungrig wieder, wollte gefüttert werden, was er lautstark kund tat und blieb in der Nähe der Außenvoliere. In dieser Zeit war ich oft draußen, um ihm Schutz zu bieten.

Dabei passierte ein schlimmer Unfall: Ich klemmte dem Kleinen versehentlich das Beinchen ein, und das zarte, dünne Beinchen brach sofort wie ein Streichholz. Zum Glück fanden wir eine Ärztin, die sich etwas mit Vögeln auskannte… lange Fahrten zu Spezialisten waren nicht drin, es war ja eilig und Freitagabend. Die Ärztin richtete und schiente das Beinchen unter Narkose und gab uns ein Schmerzmedikament mit.

Das Kleine wohnte nun wieder in der Voliere mit seinem verbundenen Beinchen. Doch sein Freund kam jeden Tag mehrmals, um ihn zu besuchen und brachte seinen neuen Freund - ein fremdes Rotschwänzchen – mit. Wir legten für die Zwei ein paar Pinkies raus und waren ganz gerührt von dieser Treue. Der gehandicapte Vogel wurde natürlich jedes Mal ganz unruhig, wenn er die anderen um sich herum fliegen sah, doch er musste noch mindestens zwei Wochen in der Voliere bleiben, damit das Beinchen wieder zusammenheilen konnte.

Das Ganze stand unter keinem guten Stern; es hatte wohl nicht sollen sein. Im Laufe der Tage verdrehte sich das Beinchen, so dass wir erneut zu einem Arzt mussten – diesmal aber zu einem Vogelspezialisten. Dafür fährt man oft lange Wege. Dieser richtete und schiente das Beinchen erneut in Narkose, und wieder hieß es: Zwei Wochen heilen lassen. Indes kamen immer noch die beiden anderen täglich mehrmals zu Besuch.

Während dieser Zeit wurde das Hausrotschwänzchen in der Voliere immer wilder und scheuer. Nach zwei Wochen entfernte der Vogelarzt den Verband und man sah, das Beinchen war gerade zusammengewachsen. Aber der Vogel konnte es nicht benutzen, vermutlich waren Nerven unwiederbringlich zerstört worden bei der Quetschung. Trotzdem war klar, dass wir es auswildern müssen und nicht behalten können. Dieser Vogel wollte in die Freiheit und zeigte uns das ganz deutlich.

Und dann kam der Tag, an dem wir die Tür seiner Voliere öffneten. Ein gutes Gefühl hatte ich dabei nicht, aber die große Hoffnung, dass der freie Freund dem Behinderten helfen und alles zeigen würde. Es gab keine Alternative.
Eine Volierenhaltung auf Lebenszeit vielleicht irgendwo mit anderen gehandicapten Wildvögeln ist auch immer sehr fraglich, weil jeder sein Revier für sich alleine und keinen Eindringling haben möchte. Dann lieber die gefährliche Freiheit mit Aussicht auf Unterstützung eines Freundes.

Das Ende der Geschichte: Unser Rotschwänzchen hielt sich nach seiner Freilassung lange Zeit in unserem Apfelbaum auf und flog dann in hohem Bogen über das Dach des Nachbarhauses davon. Wir haben es nie wieder gesehen.

Sein Freund, der es hier so oft und treu besucht hatte, kam nach wie vor mehrmals zu uns auf die Terrasse geflogen und manchmal auch sein wilder Freund – beide getrennt – um die ausgelegten Pinkies zu genießen. Doch unser Sorgenkind kam nie wieder. Wir vermuten, dass es evtl. doch nicht Freundschaft war, was die drei Vögel verbunden hat und dass der gehandicapte Neuling aus dem Revier vertrieben wurde… Wir werden nie erfahren, was wirklich geschehen ist.

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