Meine geliebten Meisen… das Leben ist nicht fair

Dramen in den Nistkästen und vernichtende Hitze 2015

Dieses Jahr spielten sich in unseren Nistkästen draußen – 7 Stück an der Zahl – schlimme Dramen ab. Zweimal mussten wir nach den Bruten schauen, weil es von einem auf den anderen Tag nicht mehr aus dem Kasten herauspiepte. Wir fanden 9 tote Blaumeisenküken, vermutlich verhungert, weil den Eltern etwas zugestoßen war. Und das in einem perfekt gesicherten Nistkasten direkt vor unserer Haustür, wo man so schnell hätte helfen können – hätte man die Gefahr nur schnell erkannt!

Schlimm und doppelt schlimm, da dies die erste Blaumeisenbrut war und ich die zarten Blaumeisen sowieso sehr verehre. Ich hatte mich soooo sehr auf die Kleinen gefreut. Aber damit nicht genug:

Auch in dem zweiten Nistkasten waren tote Jungvögel – diesmal Kohlmeisen.
Hier war offensichtlich ein Feind im Spiel gewesen, wir glauben Elstern, die wir noch in der Birke gehört hatten: 4 tote Kohlmeisenkinder, nur Eines lebte noch und dieses Eine zogen wir liebevoll groß.

Im dritten Nistkasten nahm ein anderes Unglück seinen Lauf: Die Kohlmeiseneltern konnten ihre Familie zwar aufziehen – dank umfangreicher Katzen- und Marderabwehrmaßnahmen wie nächtliches Licht und Musik - doch als alle ausgeflogen waren, hörten wir eines verzweifelt laut herausrufen. Es konnte nicht mit seinen Geschwistern mitfliegen, weil es mit seinem Beinchen derart im Nistmaterial verheddert war, dass es nicht loskam.

Nun hatten wir auch die Erklärung dafür, dass es in diesem Kasten auch nachts ständig raschelte und polterte, was natürlich die Feinde anlockte… Das war das arme Meislein gewesen, das versuchte, sein Bein zu befreien. Das Beinchen war angeschwollen und das bereits abgestorbene Füßchen hing nur noch an einem Klumpen. Unsere Freude darüber, dass die kleinen geretteten Kohlmeisen jetzt zu zweit aufwachsen können, wurde durch den Tierarzt schnell beendet: Der Vogelexperte, zu dem wir extra gefahren sind, musste den Kleinen erlösen.
Zu entzündet das Bein, Schmerzen und keine Aussicht auf Heilung.

So wuchs eine gerettete Kohlmeise bei uns im Bad auf. Einen Käfig mochte sie nicht, war ihr wohl zu klein. Das ganze Badezimmer war ihr Zuhause. Schon mal mit Meise geduscht? Kann ich nur empfehlen :-) Bei jeder Tätigkeit im Bad war das Meisle dabei und lernte nebenbei fliegen und Insekten fangen.

Eines Tages öffneten wir ein Fenster, und Meislein drehte seine erste Runde draußen in der Freiheit. Sein Lieblingsstrauch: Die Blutpflaume, unser höchstes Gewächs, fast schon ein Baum, von allen Vögeln geliebt. Kam die kleine Meise anfangs ängstlich sofort wieder zurück (ich musste sie schier rausschmeißen ;-)), so waren die weiteren Ausflüge immer ausgedehnter, länger und weiter.
Im Bad wusste sie sicher ihren Futterplatz, und das Fenster stand immer für sie offen (zum Glück war Sommer!).

Betrat ich den Garten, flog mir eine lebenslustige Meise um die Ohren, die sich bald nicht mehr abends einfangen ließ. Der Lauf der Zeit: Die Besuche bei uns wurden immer seltener, bis Meislein schließlich gar nicht mehr kam. Lange Zeit meinte ich, sie ab und zu wild herumfliegen zu sehen in unserem Garten – sie ist weniger scheu als die anderen Kohlmeisen, aber auch nicht mehr zutraulich. Gut so. Rettung geglückt :-)

Es gab aber auch Bruterfolge bei uns. So hat ein Hausrotschwanz-Pärchen in einer Halbhöhle direkt am Hauseingang erfolgreich seine Kleinen großgezogen – gleich zweimal hintereinander! Und ich konnte mit den Nachbarn einen Deal aushandeln, dass deren Freigängerkatzen eine Woche lang tagsüber im Haus bleiben und nur nachts rausdürfen. Dies hat sicher den kleinen Rotschwänzlen die erste, gefährliche Zeit draußen erleichtert. Als Bodenvögel hätten sie keine Chance gehabt, denn Katzen lauern unsichtbar in den Büschen, wo die Vögel tagsüber nach Insekten suchen müssen.

Notfälle bekamen wir dann aber in diesem Jahr trotzdem nochmal, denn es gab eine extreme Hitzeperiode in diesem Sommer 2015. Es war ganz schlimm: Überall verließen Jungvögel viel zu früh ihre aufgeheizten Bruthöhlen oder fielen einfach halbtot heraus. Mauersegler fielen völlig dehydriert vom Himmel. Die Auffangstationen waren völlig überfüllt und hatten Aufnahmestopp, weil die Flut an hilflosen Vogelkindern nicht mehr zu bewältigen war.

Freunde von uns entdeckten einen solchen Hitzenotfall: Mitten auf dem Rasen in der Stadt lagen zwei kleine Rotschwanzküken, eng aneinander gepresst. Als sie die beiden zu uns brachten, waren sie schon mehr tot als lebendig und bei Einem war zu befürchten, dass es die Nacht nicht überlebt. Zu lange waren die beiden ohne Wasser und Nahrung gewesen. Dieses Eine konnte schon keine Nahrung mehr aufnehmen und spuckte sie immer wieder aus. Doch wir sind hartnäckig!! Die halbe Nacht blieben wir dran und versuchten immer wieder, leckere Insekten in das Kleine hinein zu bekommen, und irgendwann behielt es tatsächlich ein bisschen in sich drin.

Der nächste Morgen zeigte: Beide hatten überlebt! Wenn auch eines der Küken sehr viel schwächer war als das andere, es holte mit der Zeit auf. Beide wuchsen prächtig heran, waren für ein paar Tage bei den Freunden in Pflege, als wir zu einem Musikevent fuhren und wurden danach wieder abgeholt. Im Gegensatz zu der Kohlmeise ließen sich die beiden Hausrotschwänzchen prima im Käfig großziehen, der mit dem Heranwachsen der beiden auch immer größer wurde.

Auch hier waren die Nachbarskatzen für die Auswilderung für einige Tage tagsüber drinnen (hat mich einen Sekt gekostet ;-)) Anders wäre es nicht gegangen. Der Käfig der Vögel stand geöffnet auf der Terrasse und sie konnten rein und raus, wie sie wollten. Drinnen lagen immer leckere Insekten bereit, die anfangs dankbar angenommen wurden. Dann wurde alles langsam reduziert, und so waren sie gezwungen, selbst nach Insekten zu suchen. Wie bei der Kohlmeise auch, erweiterten auch sie ihren Radius. Eins – das Mutige der beiden Rotschwänzchen - war nach wenigen Tagen nicht mehr da. Ich hoffe, es hat sich ein neues, schönes Revier gesucht. Die anderen erwachsenen Rotschwänzchen waren natürlich über die beiden frechen Neulinge nicht sehr erfreut und versuchten sie anfangs zu verjagen.

Das Zweite, Ängstliche der beiden blieb lange Zeit in der Umgebung unserer Terrasse und war immer irgendwo in Sichtweite. Aber auch dieses erweiterte sein Revier und wir sahen es immer seltener. Es wurde scheuer, auch eine normale Sache. Noch Wochen später entdeckten wir dieses eine Rotschwänzchen auf der Wildtierkamera, die es früh morgens beim Herumpicken aufgenommen hatte (bei uns liegt ja immer irgendwas Leckeres für die Vögel herum).

Tja, so ist das Leben – Freude und Leid liegen genauso nah beieinander wie Leben und Tod. Wir haben nach den vielen Vorfällen in diesem Jahr alle Nistkästen in Hausnähe angebracht und nochmal zusätzlich gesichert. Sicher wäre es für meinen Seelenfrieden besser, ich müsste nicht mehr jeden Sommer um „meine“ Küken zittern… Aber alle Nistkästen abhängen? Den Vögeln Nistmöglichkeiten wegnehmen, die sie so wunderbar nutzen? Wo ja die Zahl der Singvögel ständig schrumpft?? Das geht auch nicht…
Also wird weiter gebangt, beschützt, gerettet und gepäppelt, wenn nötig :-)


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